Foto: Dimitris Vetsikas
Rauschen im Ohr als Urlaubssouvenir
Hast Du schon einmal bei einem Spaziergang am Meer das leere Gehäuse einer Meeresschnecke gefunden? Wenn man das Gehäuse an das Ohr hält, hört man ein Rauschen im Ohr. Nicht jedes Schneckengehäuse klingt gleich. Große Schneckengehäuse erzeugen einen tieferen Ton als kleine, weil sie durch ihren größeren Hohlraum niedrige Frequenzen besser verstärken können als hohe.
Hören wir in dieser Schnecke das Meeresrauschen? Nein, denn auch wenn wir diese Schnecke als Urlaubssouvenir zuhause an das Ohr halten, hören wir auch dort ein Rauschen im Ohr. Wird dieses durch unser Blut, das durch die Blutgefäße strömt erzeugt? Lange Zeit hat man gedacht, dass die Schnecke wie eine Resonanzkammer wirkt, die das Rauschen des Blutes in unserem Kopf verstärkt. Das ist so aber nicht richtig.
Du kannst Dein Urlaubssouvenir vom Strand an jeden beliebigen Ort der Welt mitnehmen, es wird in Deinem Ohr immer wieder das Dir vertraute Rauschen produzieren. Das einzige, was sich – abhängig vom Ort – verändern kann, ist die Intensität, bzw. die Lautstärke des Rauschen im Ohr.
Die Meeresschnecke – ein Resonanzkörper
Die Schnecke wirkt tatsächlich wie ein Resonanzkörper. Die Geräusche, die sie verstärkt an das Ohr weitergibt, sind aber keine Ohrgeräusche die in Deinem Körper produziert werden. Es sind Geräusche aus Deiner Umgebung. Diese Geräusche erzeugen Schallwellen, die dann auf die Schale der Schnecke treffen und die Luft im Inneren des Schneckenhauses in Schwingungen versetzen. Das von diesen Schallwellen produzierte Rauschen lässt sich auch mit einem empfindlichen Mikrofon hörbar machen, wenn man es an den Ausgang des Schneckenhauses hält.
Nicht nur Schneckengehäuse besitzen die Eigenschaft Schallwellen aus der Umgebung zu verstärken. Der gleiche Effekt entsteht auch bei anderen Resonanzkörpern, wie etwa einem leeren Glas.
Zum Stress abbauen bei Tinnitus suchen wir auf dieser Erde oft Orte auf, die wir als relativ still empfinden. Aber auch dort hören wir in unserem Urlaubssouvenir das wohlbekannte Rauschen. Das Schneckenhaus verstärkt die leisesten Umgebungsgeräusche. Diese kann das menschliche Ohr so gar nicht hören.
Nimmt man nun die sagenumwobene Schnecke und begibt sich mit ihr in einen schalldichten Raum – was passiert dann? Du hältst Dir das Gehäuse an Dein Ohr und Du hörst?: NICHTS! Vollkommene Stille. In einem schalldichten Raum gibt es dem Namen nach eben auch keinerlei Geräusche, die irgendwelche Schallwellen produzieren könnten.
Jeder Mensch hat Tinnitus
Jeder Mensch hat Tinnitus, denn jeder Mensch hat eine Schnecke im Kopf eingebaut.
Sie ist eine der wichtigsten Konstruktionen in unserem komplizierten Hörapparat. Die Hörschnecke (Cochlea) ist maßgeblich verantwortlich für die Verarbeitung der Schallwellen, die auf unser Ohr treffen. An diesem Ort unseres Hörorgans werden Ohrgeräusche in Nervenimpulse umgewandelt, die dann über den Hörnerv an das für das Hören zuständige Hirnareal, den auditiven Cortex, geschickt werden.
Die Hörschnecke in unserem Ohr ist in ihrem architektonischen Aufbau der Konstruktion von unserem Urlaubssouvenir sehr ähnlich (Die Schnecke vom Strand, die überall auf der Erde ein Rauschen produziert). Durch die Schneckenkonstruktion verarbeitet die Hörschnecke nicht nur die Schallwellen, die direkt durch den Gehörgang, das Trommelfell und die Hörknöchelchen in ihr Inneres gelangen.
Auch die Schallwellen, die von außen direkt auf unsere Hörschnecke treffen lösen in diesem raffiniert konstruierten Resonanzkörper Nervenimpulse aus, die in unserem Gehirn Störgeräusche, also Ohrensausen erzeugen.
Unser Gehirn ist alles andere als dumm. Es hat den auditiven Cortex mit einer genialen Fähigkeit ausgestattet. Die Nebengeräusche werden einfach heraus gefiltert und aus dem aktiv Gehörtem ausgeblendet. Bei einer Tinnitus Erkrankung ist diese Filterfunktion gestört und für die Tinnitus Behandlung muss sie wieder hergestellt werden.